Wie fühlt sich eine Migräne-Attacke für mich an?
Meist kündigt sich eine Migräne-Attacke bereits lange vor Einsetzen der Schmerzen an. Ein häufiges Anzeichen bei mir sind Konzentrationsschwierigkeiten, gefolgt von leichtem bis mäßigem Schwindel und Müdigkeit. Dieser zwar unangenehme, aber insgesamt erträgliche Zustand hält einige Stunden an, ich bemerke allerdings erste Einschränkungen bei der Arbeit oder beim Lernen. Oft tritt als Begleiterscheinung auch schon Appetitlosigkeit bis hin zu einem flauen Gefühl im Magen auf.
Aus einem dumpfen Gefühl im Kopf entwickeln sich dann sehr rasch, also innerhalb einer weiteren halben Stunde bis Stunde, immer stärkere Kopfschmerzen, die schließlich in einem fast unerträglichen Schmerzzustand münden. In etwa 9 von 10 Fällen treten diese bei mir beidseitig auf.
Anders als beim Spannungskopfschmerz lässt sich der Migräne-Kopfschmerz bei mir in zwei Hauptkomponenten gliedern: Einen konstanten, dumpfen Schmerz, überlagert von einem stechenden, stark pulsierenden. Mit der Steigerung der Schmerzen nimmt auch die Übelkeit zu. Während eines Migräne-Anfalles muss ich in der Regel mehrmals erbrechen.
Auch sonderbar: Meine Sinne sind während einer Migräne-Attacke extrem geschärft. Gewöhnliche Lichtverhältnisse, wie sie unter Tags herrschen, empfinde ich dann als extrem hell, sodass die Kopfschmerzen noch intensiver werden und ich gezwungen bin, die Augen zu schließen. Auch mein Geruchssinn wird äußerst fein: Kaffeeduft etwa, oder der Duft von Regen verstärken dann die Kopfschmerzen und lösen meist ebenfalls Erbrechen aus. Auch das Gehör ist hochsensibel, jedes Geräusch wird sofort in einen pochenden Schmerz im Kopf umgewandelt. Jede noch so kleine körperliche und geistige Anstrengung verschlimmert das Gewitter im Kopf. Wenn sich also eine Migräneattacke ankündigt, bleibt mir nichts anderes übrig, als mich an einen ruhigen, dunklen und gut belüfteten, kühlen Raum zurückzuziehen und mich hinzulegen.
Migräne und mein Alltag
Mit 18 Jahren hatte ich meine Schullaufbahn erfolgreich abgeschlossen. Nun war die Zeit gekommen, mein Hauptinteresse durch ein Studium zu vertiefen und in ein selbstständiges Leben, raus aus dem schulischen Rahmen, raus aus dem Elternhaus, zu starten.
Es war eine Zeit der großen Umstellung und Veränderung. Gewohnte und durchaus geliebte Strukturen lösten sich auf. Freunde, die ich im Zuge der Schullaufbahn täglich gesehen, mit denen ich bis dahin regelmäßig an gemeinsamen Zielen gearbeitet hatte, waren mit dem Wegfall der schulischen Rahmenbedingungen plötzlich nicht mehr so stark in meinem Leben präsent. Jeder hatte seine ganz individuellen Interessen, die er vertiefen wollte, was zur Folge hatte, dass nun auch jeder seinen ganz eigenen Weg beschritt. Gleichzeitig traten mit Beginn der Universitätslaufbahn viele neue, durchwegs sehr sympathische Bekanntschaften in mein Leben. Plötzlich wurden auch finanzielle Fragen relevant, ein Höchstmaß an Selbstorganisation in Bürokratie- und Lehrveranstaltungsdschungel an der Universität war nun gefragt. Aufbruchsstimmung war also gegeben.
Ungefähr zu dieser Zeit, mit etwa 20 Jahren, litt ich jedoch bereits an ein bis mehreren Migräneattacken pro Woche. Abgesehen von den zuvor bereits erwähnten Vorboten dauerte die reine Kopfschmerzphase meiner Migräneattacken in der Regel zwei bis drei Tage und war mit derart starken Schmerzen verbunden, dass ich für diese Zeitspanne de facto außer Gefecht gesetzt, also handlungsunfähig war. Zählt man Vorboten wie Müdigkeit, Schwindel und Konzentrationsschwäche und den extremen Erschöpfungszustand nach der Schmerzphase hinzu, ergibt sich ein wesentlich längerer Zeitraum, in dem Einschränkungen im Alltag bestehen. Wenn man allerdings so oft Migräneanfälle erleidet wie ich zu jener Zeit, beginnt die nächste Attacke bereits, bevor man sich von der vorhergehenden erholen konnte.
Ich war in dieser Zeit an mehr als 15 Tagen im Monat komplett handlungsunfähig. Das bedeutete, an mehr als 15 Tagen im Monat konnte ich die Gestaltung meines Alltags, angefangen von Freizeitaktivitäten über Ausbildung bis hin zu Planung und Aufbau eines eigenständigen Lebens, nicht voran treiben. Ich konnte immer öfter nicht mehr an Aktivitäten mit Freunden teilnehmen, meine Hobbys nicht pflegen, hinkte bald dem Lehrplan meines Studiums hinterher und war durch die zahlreichen, anstrengenden Schmerzphasen ständig erschöpft. Ich wurde zunehmend teilnahmslos, apathisch, und meine Lebensfreude, mein Antrieb nahmen zusehends ab. Der Umstand, durch die wiederkehrenden Migräneanfälle regelmäßig aus meinem sozialen Umfeld und Alltagsleben herausgerissen zu werden, machte mich mit der Zeit einsam. Wenn man nämlich Unternehmungen immer öfter absagt, Einladungen nicht annehmen kann oder gar nicht erst auf Anrufe oder Nachrichten reagiert, hören deine Freunde (verständlicherweise) irgendwann auf, dich weiterhin regelmäßig mit einzubeziehen.
Im nächsten Teil berichte ich von den ersten Stationen auf meiner Suche nach Hilfe.